Montag, 12. April 2010

Im Taxi zur Kirche

Sonntagmorgen. Trübes Wetter. Ich bin müde. In der Propstei ist die Vorstellung der Erstkommunikanten angekündigt. Also bleibe ich noch eine halbe Stunde liegen und gehe in die nahe Pfarrkirche in meinem Gründerzeitviertel.
Meßdiener, der Diakon, und dann – nein, kein Priester. Der Pfarrer sei «mit der Gemeinde» irgendwo, sagt er Diakon, darum nun ein Wortgottesdienst.
Ich überlege: bleiben und es damit genug sein lassen? Das ist mir doch zu wenig. Bleiben und heute abend in die Propstei? Keine Lust! Noch herüberlaufen zur Propstei? Dann komme ich viel zu spät. Aber bald weiß ich, auf welchen Kompromiß ich mich einlassen will: ich laufe, renne zum Bahnhof, falle auch nicht die kleine Treppe hinunter, die erst im letzten Augenblick zu sehen ist, werfe mich in ein Taxi: «Zur Propsteikirche bitte». So etwas kennt der Taxifahrer nicht. Ich erkläre ihm den Weg, soweit ich passionierter Fußgänger es kann, und vereint schaffen wir es.
Aber: so etwas kennt der Taxifahrer nicht, und überhaupt, die Mißbrauchsfälle, und der Papst, damals noch in München. Und so habe ich einige Minuten Zeit, es ihm zu erklären: Mißbrauch gibt es überall, in den Familien, in Sportvereinen, in säkularen Schulen, und auch in der Kirche – in der Kirche aber am wenigsten. Und der Papst: damals ist in München doch offensichtlich nichts Übles geschehen, was man Kardinal Ratzinger vorwerfen könnte; und in den Jahren, bevor das Thema Mißbrauch öffentlich hochkochte, war es Kardinal Ratzinger, der sich ganz besonders für die Aufklärung der Mißbrauchsfälle einsetzte und sich bemühte, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu verbessern.
Erstaunlich: ich höre dann, der kirchenferne Taxifahrer habe so etwas von der Kirche nicht gedacht. Ich muß ihm auch das sagen: jeder Christ, der seine Kirche langjährig kennt, weiß, das es in ihren Einrichtungen beides gibt, bewundernswert gute Menschen und wahre Drachen. Letzteres ist traurig, kann mich aber nicht mehr erschüttern. Warum das so ist, das zu erklären führt zu weit für solch eine Taxifahrt. Aber mir scheint, sie hat sich auch so schon gelohnt.
Und als ich endlich in die Propstei komme, geht die Vorstellung der Erstkommunikanten gerade zu Ende; und ich kann noch am wesentlichsten Teil der Messe teilnehmen. Und auch die Mutter-Theresa-Schwestern aus der heimischen Pfarrei sehe ich hier.
Nur die Texte der Katechumenenmesse muß ich mir noch zu Hause privat zu Gemüte führen.

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