Samstag, 24. Juli 2010

Mein Gymnasium

In Hamburg ist gerade von der stimmberechtigten Bevölkerung der Versuch zurückgewiesen worden, die Gymnasialbildung zu stutzen. Um des Gymnasiums willen bin ich zufrieden mit diesem Ergebnis; glücklich damit aber bin ich nicht, weil es wirklich Mißstände gibt, gegen die diese Reform als freilich untaugliches Mittel eingesetzt werden sollte.

Als ich aufs Gymnasium kam, waren Schüler aus der Unterschicht nicht benachteiligt. Meine Großväter waren Bergleute, mein Vater Schneider, er arbeitete in einem Bekleidungshaus, damals im Arbeiterstatus. In meiner Volksschulklasse war auch der Sohn der reichsten Unternehmerdynastie der Stadt. Um aufs Gymnasium wechseln zu können, mußte man einige Tage an einem Probeunterricht dort teilnehmen. So ging ich selbstverständlich aufs Gymnasium über, und der Unternehmersohn hat es nicht einmal versucht (was seiner Laufbahn als Unternehmer natürlich keinen Schaden tat).
Wir hatten drei Sprachen zu lernen, davon Latein all die neun Jahre hindurch. Außerdem konnten wir weitere Sprachen in Arbeitsgemeinschaften lernen; ich wählte Hebräisch und Französisch.
Natürlich gab es Dinge an unserer Schule, die mich mißfielen; aber insgesamt sah ich mich bestens auf den Weg der Bildung geführt, zu eigenem Denken ermutigt und sogar geistlich gefördert. Mißachtung hatten die Schüler aus der Unterschicht nicht zu fürchten; und der Unterricht war so angelegt, daß wir keiner häuslichen Hilfe bedurften.

Was ist anders geworden? Ich sehe, daß nunmehr etwa an Sprachen weniger gelernt wird und dennoch das Lernpensum gestiegen ist durch detailliertere Wissensanforderungen in manchen eher peripheren Gebieten. Ich höre, daß elterliche Hilfe zunehmend selbstverständlich vorausgesetzt wird (aus der Schulpsychologie weiß ich: Eltern für die Schularbeit Mitverantwortung übernehmen zu lassen ist pädagogisch abträglich). Ich höre, daß Kinder aus der Unterschicht heute gerade vor humanistischen Gymnasien zurückschrecken, aus Sorge, dort könnte teure Markenkleidung die soziale Norm sein, könnten teure Klassenreisen angesetzt werden – beides war in meiner Schulzeit kein Thema.
Und in meiner Schulzeit war es möglich, auch noch nach der 5. Volksschulklasse aufs Gymnasium überzugehen. Das bedeutete, daß die Begabungen unauffälligerer Schüler in der 5. Klasse, da nun die begabtesten nicht mehr dabei waren, sichtbar werden konnten und so auch sie noch aufs Gymnasium gelangten.

Ich habe auch erlebt, daß die Gesamtschule für begabte Immigrantenkinder wirklich einen Vorteil bedeutet. Aber ich habe auch an deren Unterrichtskonzept gelitten, als ich solchen Schülern Nachhilfe in Mathematik erteilt habe: der Stoff war inhaltlich anspruchsvoll, aber von der Formelsprache der Mathematik stand viel zu wenig zur Verfügung – nicht etwa, daß die Schüler sie zu wenig begriffen hätten: ich konnte an den Büchern sehen, daß versucht wird, hochkarätigen Stoff auf stark vereinfachtem formalem Niveau zu unterrichten und so ihn scheinbar zu erleichtern, tatsächlich aber zu erschweren. Ein solches in Gesamtschulen angewandtes Konzept kann auch für Immigrantenkinder nicht wirklich geeignet sein (was wäre gewesen, wenn ich nicht zur rechten Zeit zur Verfügung gestanden hätte?).
Auch der Weg für Immigrantenkinder zum Abitur ist also durch eine Gesamtschule nicht recht bereitet – das Gymnasium ist auch für sie notwendig. Ihnen den Weg dorthin zu erleichtern bleibt eine ungelöste Aufgabe.

Donnerstag, 22. Juli 2010

Öffentliche Mittel für private Patente

Eine Studentin macht einen sinnvollen Vorschlag – und er wird von einer renommierten Hochschulklinik angenommen!
Und ganz nebenbei erfahre ich, daß Forschungsergebnisse, an denen staatliche Einrichtungen maßgeblich beteiligt waren, bedingungslos der Privatindustrie überlassen werden, die daraus dann Patente machen kann.

Freitag, 16. Juli 2010

Die Bilder der Apostel

In einer römischen Katakombe habe ich einmal eine Zeichnung gesehen, wohl noch aus der Märtyrerzeit, die, obwohl ohne Beschriftung, leicht als Portrait des Apostels Petrus zu erkennen ist. Offensichtlich hat es in der Urkirche eine bildliche Tradition gegeben, durch die uns die Gesichtszüge einiger Heiliger überliefert worden sind.
Aus nur wenig späterer Zeit ist nun eine prachtvolle farbige Darstellung entdeckt worden.

Donnerstag, 15. Juli 2010

Die Ethik der Ethikkommissionen

Ein Psychotherapeut steht oft vor der Frage: will jemand Therapie machen, um sich mit deren Hilfe zu ändern, oder will er sie machen, um sich nicht ändern zu müssen? Ebenso gibt es die Frage: konsultiert jemand eine Ethikkommission, um sich mit deren Hilfe ethisch zu verhalten, oder konsultiert er sie, um sich nicht ethisch verhalten zu müssen?
Lest nach beim Chronisten!

Mittwoch, 14. Juli 2010

Neue Wege gehen...

... mehr Chancen eröffnen, Potenziale (sic!) nutzen.

Das ist der Titel des Koalitionsvertrags der neuen nordrhein-westfälischen Landesregierung.

Unter diesem Motto hat die kleinste Pfarrei des Bistums Münster ihre Konsequenzen gezogen.

Wie sagte doch die Schneiderin? "Mittelalterliches muß nicht teuer sein."

Samstag, 10. Juli 2010

Der Mythos vom friedlichen Buddhismus

Der Buddhismus sei an sich friedlich, habe anders als das Christentum niemals Krieg geführt, lese oder höre ich nicht selten. Nun, daß das historisch falsch ist, ist bekannt, wenn man es denn wissen will. Auch die Dalai Lamas haben keineswegs nur mit friedlichen Mitteln Politik getrieben; und die Machtkämpfe der buddhistischen Orden im Mittelalter sind berüchtigt (nicht minder als die des Deutschen Ordens in Preußen), vom Einsatz der Mönchssoldaten des Tendai-shu bis zur Zwangsrekrutierung der Anhänger des Jodo-shu mittels Exkommunikationsdrohung.
Das ist Vergangenheit – heute gibt es keine buddhistischen Institutionen mehr, die die Macht über Staaten oder auch nur größere Herrschaftsgebiete innehätten. Aber auf Ceylon, lese ich in der tageszeitung, gehören buddhistische Mönche zu denen, die das Bureau der Vereinten Nationen in Colombo belagerten und das Ende der Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs gegen die tamilischen Aufständischen forderten.

Freitag, 9. Juli 2010

Montag, 5. Juli 2010

Trennung von Staat und Kirche

Eine in Italien wohnende Finnin hat gegen die Republik Italien vorm Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte darauf geklagt, die Kreuze aus staatlichen Schulen zu entfernen. Einen Schein von Rechtfertigung erhält ihre Klage dadurch, daß in Italien Staat und Kirche laut Verfassung getrennt sind.
Aber es ist nur ein Anschein. Zwei Argumente stellt der Chronist dementgegen.

«Suchen und finden»

Wieder droht allseitiges Händehalten zum Pater noster. Diesmal folge ich, freilich ein wenig verlegen, Dilettanti Anweisung. Ich muß nicht einmal hinausgehen, hinten in der Kirche ist alles leer.
Ein weiterer Eindruck von der Religiösen Kinderwoche ist beim Chronisten zu finden.

Donnerstag, 1. Juli 2010

«Hilfsschule» – der Kreis schließt sich

Als ich klein war, gab es «Hilfsschulen». Daraus wurden dann «Sonderschulen», dann «Förderschulen». Und nun habe ich erfahren, daß sie nun zu «Schulen für Lernhilfe» geworden sind – der Kreis schließt sich.
Übrigens haben sich diese Schulen wieder einmal als ein «Segen» für ihre Schüler erwiesen.

Gibt es ein Recht auf Eigentum?

Das Eigentumsrecht erscheint hierzulande als höchstes Prinzip – von den Rechten der Alteigentümer im früheren Deutschdemokratien bis zu den Rechten von Unternehmenseignern gegenüber ihren Arbeitnehmern (ungeachtet der grundgesetzlichen Norm, Eigentum verpflichte). Aber gilt er auch für kleine Gewerbetreibende?
Der Chronist hat darüber berichtet.

Mittlerweile hat sich dort allerdings die Sachlage verändert: der Gewerbebetrieb muß ausziehen; darum darf der Besitzer – bei unveränderter Sicherheitslage – sein Eigentum bergen. Ob die monatelange Schließzeit nötig war, wird sich freilich wohl nicht mehr herausstellen; seine Aussichten auf Schadensersatz jedenfalls sind gering.