Mittwoch, 9. Mai 2018

Die Forderung nach einem politisch korrekten Glaubensbekenntnis

Die Krönung der Monarchen war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit ein geistlicher Akt. Darum hatte der Kaiser, der König dabei ein Glaubensbekenntnis abzulegen. In der säkularen Republik aber ist das außer Gebrauch gekommen.
Nun aber hat bei der Wahl einer badisch-württembergischen Landtagsvizepräsidentin der Landesvorsitzende des größeren Koalitionspartners von der Kandidatin der verbündeten Fraktion ein säkulares, ein politisch korrektes Glaubensbekenntnis eingefordert: er fragte sie, ob sie Homosexualität für eine heilbare Krankheit halte. Weil sie das nicht in ihn befriedigender Klarheit in seinem Sinn beantwortete, riet er von ihrer Wahl ab (worin ihm freilich durchaus nicht alle Abgeordneten seiner Partei folgten); so wurde sie erst im zweiten Wahlgang gewählt.
Dem Grundgesetz nach herrscht in Bundes-Deutschland Freiheit der Wissenschaft (Art. 5 (3)). Von einer Politikerin bei ihrer Wahl in ein Amt ein Glaubensbekenntnis zu einer wissenschaftlichen Sachfrage einzufordern (die nichts mit ihrem Amt zu tun hat), zeigt eine sehr eigenwillige Haltung zum Grundgesetz.

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